Franziskanerinnen enthüllen Gedenktafel am Schloss Hartheim

„Heute sind wir hier am Gedenkort Schloss Hartheim, um ein Versprechen einzulösen.“ Mit diesen Worten begrüßte Sr. M. Benigna Sirl, Generaloberin der Franziskanerinnen von Schönbrunn, die mitgereisten Besucher. Anlass war die Enthüllung einer Gedenktafel an dem Ort, an dem 1940/41 196 Männer und Frauen mit Behinderung dem Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. „Mit dieser Gedenktafel erinnern wir an die Ermordeten. Es ist dieser Akt des Erinnerns aber auch wieder ein Anruf an jede und jeden von uns, wachsam zu sein auf die Zeichen und Strömungen unserer Zeit und uns heute einzusetzen für die Würde und zum Heil für diejenigen Menschen, denen die Möglichkeiten und Fähigkeiten fehlen, ihre Interessen selbst zu vertreten.“ Das Datum war nicht zufällig gewählt: Vor 75 Jahren wurden die ersten Männer und Frauen aus Schönbrunn ins österreichische Hartheim deportiert und umgebracht worden.

Die Glastafel trägt als zentrales gestalterisches Element die Aufschrift ‚Unwert‘. Der Schriftzug ist unterbrochen durch einen Spalt im Glas, der das Wort in die Silben ‚Un‘ und ‚Wert‘ trennt. „Das Glas versinnbildlicht die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens und schließt damit an die künstlerische Gestaltung des Lern- und Gedenkortes Schloss Hartheim mit an“, sagte Bruder Thomas Hessler OSB, Benediktiner vom Europakloster Gut Aich, der die Tafel gestaltet hat. „Mit der Gestaltung, die ähnlich dem Mahnmal in Schönbrunn ist, wird ein Bogen gespannt von dort nach Hartheim.“

Die Anbringung der Tafel ist ein weiterer Baustein in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Schönbrunn. Im Jahr 2011 wurde in einem wissenschaftlichen Symposium und der Veröffentlichung ein großer Teil der Zeit aufgearbeitet. Bis heute forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Archiv der Franziskanerinnen von Schönbrunn. Bei der zentralen Gedenkfeier 2011 gaben die Franziskanerinnen das Versprechen ab, auch an dem Ort eine Gedenktafel anzubringen, der im Rahmen des T4-Programms eine der zentralen Tötungsanstalten war.

Im Rahmen der sogenannten Aktion T4 wurden mehr als 70.000 Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen in d den Jahren zwischen 1940 und 1945 systematisch ermordet. Sie wurden als „unwertes Leben“ klassifiziert und zunächst zentral, nach ersten Protesten aus Kirchenkreisen, verdeckter und dezentral in unterschiedlichen Einrichtungen und Krankenhäusern umgebracht. Aus Schönbrunn wurden insgesamt 546 Männer und Frauen deportiert und ermordet. Ihrer gedenkt die Kongregation und das Franziskuswerk jedes Jahr am 27. Januar, dem bundesweiten Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus.